Heute wollen wir mal etwas ganz anderes machen und nach Norden entlang der Küste fahren. Wir haben uns lediglich ein paar Stichpunkte aufgeschrieben, was wir machen könnten. Am Ende fahren wir aber einfach mal drauf los und schauen, wo es uns gefällt oder wo wir recht schnell weiterfahren.
Da es ein fahrzeitintensiver Tag wird, haben wir heute mal den Wecker gestellt, um möglichst viel vom Norden zu sehen. Den ersten Stop legen wir in Ponta do Pargo, dem westlichsten Punkt Madeiras ein. Es gibt einen Aussichtspunkt und einen Leuchtturm, mit schönen Blicken auf die steil herabfallende Küste. Entgegen der Meinung von Google ist die Straße zwischen Aussichtspunkt und Leuchtturm aber nicht befahrbar, höchstens vielleicht mit einem Panzer. Bis zu 50cm breite und mindestens genauso tiefe Spurrillen durchziehen den Feldweg. An manchen Stellen wirkt es sogar, als wolle hier jemand einen Kanal bauen. Am Leuchtturm versuchen wir einer sehr abgemagerten Katze etwas Hefezopf schmackhaft zu machen. Mögen tut sie‘s offenbar nicht, aber der Hunger treibt ihn wohl weitestgehend hinein. Ponta do Pargo selbst ist ein relativ großer Ort mit weitreichender Infrastruktur. Ich würde sogar meinen, der unsinnigste Tunnel Madeiras oder auch der ganzen Welt steht hier. Im Ort selbst gibt es die schmalsten, steilsten Straßen wie überall auf Madeira und kurz vor dem Leuchtturm wird die Straße dann breit und seitlich mit hohen Betonwänden abgesichert, bis sie schließlich in einen Tunnel hinabführt, den man sich wohl hätte sparen können, wenn man den Straßenverlauf einfach gerade weitergeführt hätte.
Bis Santa Maria Madalena führt die kurvenreiche Straße durch einen Eukalyptuswald. Das wäre sicher der Traum eines jeden Koalabären. Santa selbst ist leider sehr verfallen und lädt nicht ein, sich hier umzuschauen. Wir machen dann erst in Porto Moniz halt. Der Ort ist wunderschön herausgeputzt, hat zwei Felsenbäder und eine wunderschöne Promenade. An der Küste sieht man viele Lavagesteinsfelsen hervorschießen. Im Reiseführer lesen wir, dass wegen Piratenangriffen der alte Ortskern um 100hm nach oben verlagert wurde und sich dort heute die zentralen Gebäude wie Kirche etc. finden. Allerdings ist uns bislang unklar, wie die Piraten es ob der vielen Felsen und des Wellengangs geschafft haben, anzulegen, dann aber „zu faul“ waren, die letzten 100hm nach oben zu steigen. Wir meinen, ein Anlegemanöver ist hier schon unmöglich. Obwohl die Felsenbäder malerisch aussehen, sind uns die 19 Grad Celsius dann doch zu kalt und wir bevorzugen unseren 24 Grad warmen Pool. Die Madeirerin aus der Bar meinte außerdem, in Seixal sei das Wasser wärmer und es daher schöner zum Baden, wo wir dann auch den nächsten Stop einlegen.
Seixal ist außerdem bekannt für seine gepflegten Gärten. Es wäre uns wohl nicht aufgefallen, aber tatsächlich sehen wir keinen chaotischen oder verwahrlosten Garten. Außerdem sind alle Terrassen um den Ort bis aufs äußerste mit Wein und Bananen bepflanzt. Der Strand von Seixal lädt - wahrscheinlich auch weil es hier durchgehend bewölkt ist - nicht so sehr zum Baden ein. Von oben kommend fällt der Blick unvermeidlich auf die lange, industriell anmutende Hafenmauer und wir belassen es bei einem kurzen Rundgang im Hafen. Aber man muss dem Strand zugute halten, dass er wohl einer der wenigen Sandstrände auf Madeira ist - mit schwarzem Sand.
Nachdem der Tag nun schon fortgeschritten ist, fahren wir nun zielgerichtet nach Santana. Dort stehen noch ein paar der typisch und ländlich anmutenden Strohdachhäuser rund um das Rathaus. Ob dieser Baustil nur in diesem Ort vorkam, nur für ein paar Häuser oder auf der ganzen Insel, hat uns unser Reiseführer nicht gesagt. In jedem Fall ist es eine Touristenattraktion und es werden in den zugänglichen Häusern auch typische Produkte wie Süßigkeiten oder Blumen verkauft. Bei den Blumen habe ich auch ein paar mitgenommen: eine Strelitzia, eine Plumeria und Samen für Maracuja, Blauen Natternkopf (der Hit für die hiesigen Hummeln und Bienen) und Zylinderputzer (auch angesagt bei den vorgenannten).
Der Rother beschreibt die etwas oberhalb von Santana beginnende Levadawanderung Calderião Verde als eine der spektakulärsten der gesamten Insel. Was wir bestätigen können, ist, dass sie wohl die Meistbegangene ist. Offenbar sind wir unter den letzten, die zur Wanderung aufbrechen und wir haben permanenten Gegenverkehr. Irgendwann meinen wir, dass gar nicht so viele Autos auf dem Parkplatz stehen wie uns Personengruppen entgegen gekommen sind. Wir hätten auch vorm losgehen nochmal aufs Klo gehen sollen, denn unterwegs findet sich kein Platz, wo man mal genug Zeit zum Austreten hat. Und den Weg ins Dickicht verlassen ist bei Levadas eh meist nicht möglich. Die ersten 5km gibt es nur wenige Ausblickmöglichkeiten, denn der Weg ist ringsum mit Bäumen und Sträuchern verwachsen. Erst auf dem letzten Kilometer wird der Weg etwas offener und man kann in den berühmten „grünen Kessel“ schauen und findet am Ende der Wanderung einen langen, dünnen Wasserfall, den Caldeirão Verde. Man könnte hier auch noch 2,2 km weiter bis zum Caldeirão Inferno wandern, aber zum einen würden wir dann sicher in die Nacht kommen und zum anderen fängt es jetzt auch zum Regnen an und eine Wolke hüllt uns ein. Ein paar Wanderpärchen begegnen uns dann noch, als wir wieder auf dem Rückweg sind. Beim letzten Wegstück hören wir immer wieder etwas, was sich wie Schüsse oder Schläge anhört. Die Theorien gehen bis zu Flügelschlägen der Adler aus Herr der Ringe. Am wahrscheinlichsten erscheint noch Samirs Theorie, dass das Bewegungen der Bäume sind. Im Wolkendickicht auf jeden Fall etwas unheimlich.
Am Parkplatz müssen wir dann erstmal in der Levada unsere Wanderstiefel vom vielen Schlamm reinigen. Gut, dass wir nicht wie die meisten nur Turnschuhe anhatten, schon gar keine Weißen. Vollkommen fehl am Platz war eine Frau mit Goldrand-Sandalen. Die war aber auch entsprechend fertig mit der Welt. Je tiefer wir wieder ins Tal kommen, umso freundlicher wird auch das Wetter und auf der Südseite der Insel wird es sogar wieder sonnig. Zuhause feuern wir sofort den Grill an, duschen und Samir grillt Sardinen für mich und Burger für sich. Mit der letzten Rest Poncha vom Filho D‘Mar lassen wir den Abend ausklingen.