Radtour an der Enns

Radtour an der Enns

 Für das verlängerte Wochenende um Christi Himmelfahrt haben wir uns die zwei schöneren Tage 21. und 22. Mai herausgepickt, um den Ennsradweg von Radstadt Ennsabwärts, so weit uns Beine und Räder tragen, zu fahren.

Der erste Tag beginnt um kurz nach 5 Uhr. Mit dem Auto fahren wir bis in die Industriezeile, und von dort mit den Rädern zum Bahnhof. Wir sind sehr zeitig da, unser Zug bis Salzburg leider nicht. Wir versuchen, noch im früheren Zug um 6:32 mitzufahren, allerdings ist dort das Fahrradabteil schon voll und wir lassen uns - in der Hoffnung unser Anschluss in Salzburg würde wegen 10min eh warten - abspeisen. Als mit gut 30min Verspätung unser eigentlicher Zug eintrifft und wir beim Schaffner nachfragen, bereuen wir unsere Entscheidung. Der IC wartet natürlich nicht, was für uns heißt, dass wir 2h später in Radstadt ankommen werden und dabei noch ein zweites Mal in Bischofshofen umsteigen müssen. In Bischofshofen haben wir soviel Zeit, dass wir noch durch die kleine Stadt und bis zur Skisprungschanze fahren können. Eine Kindergruppe trainiert gerade ohne Schnee an der kleinen Schanze und ein paar Sprünge sehen auch schon richtig professionell aus. Ein paar andere müssen noch üben. Als wir endlich in den Zug nach Radstadt kommt, meint der Schaffner uns provokant nach unserer Berechtigung auf eine Mitfahrt in diesem Zug fahren zu müssen. Eine falsche Bemerkung und er meint, uns des Zuges verweisen zu dürfen. Zum Glück übernimmt dann ein zweiter Schaffner und wir haben keine weiteren Diskussionen mehr. 

Um 11:40 Uhr, sechs Stunden nachdem wir von zuhause losgefahren sind, kommen wir dann auch schon in Radstadt an. Samir ist auf dem Rennrad unterwegs, ich auf dem Mountainbike. Die ersten 10km weichen wir schon bewusst vom Radweg ab, um die Forststraße nach Radstadt zu umfahren. Nach nur 30min radeln biegen wir in Mandling dann offiziell auf den Ennsradweg und verlassen damit auch das Land Salzburg in die Steiermark. Mit Blick auf die Skigebiete Reiteralm und Schladming machen wir in Schladming Mittagspause. Ein paar Enten haben es auf Samirs selbstgemachtes Schokoladenbrot abgesehen und weichen uns nicht mehr von der Seite. 

Weiter geht es mit hin und wieder einen kleinen Einlage Forstweg durch das Ennstal nach Osten. Nach einer schönen Abfahrt nach Aich sehen wir einen Esel und ein Schaf, die sich sichtlich freuen, uns zu sehen. Beide kommen gleich angerannt und Samir will den Esel am liebsten mit nach Hause nehmen. In Moosheim merken wir beide dann schon den Popo und stellen fest, dass so schwere Rucksäcke nicht gut für eine lange Radtour sind. Zuhause sollte sich herausstellen, dass sie circa 14kg wiegen. Ganz oben auf der Einkaufsliste stehen jetzt Gepäcktaschen. Und Gepäckträger. Im weiteren Verlauf gibt es auch noch ein paar längere Strecken Forstwege, die Samir mit dem Rennrad doch zu schaffen machen. Nach Irdning machen wir in einer frisch gemähten Wiese nochmal eine längere Po-Entspannungspause und in Liezen versuchen wir eine warme Abendmahlzeit zu finden. Die Auswahl ist beschränkt. Offen haben nur Habibi's Grillstube, die den Einruck macht, als würde man sich hier ganztägig zum Bier trinken treffen; eine Eisdiele und ein türkisch geführtes mexikanisch-italienisch-türkisches Lokal. Wir entscheiden uns für den "Mexikaner" auch wenn von Anfang an klar ist, dass uns kein kulinarisches Highlight erwartet. Wegen der eingeschränkten Öffnungszeiten von Restaurants wollen wir auch nicht das Risiko eingehen, am Ende gar nichts mehr zu essen zu bekommen.

Die letzten Kilometer des Tages bis kurz nach Ardning, wo wir unser Biwak aufschlugen, sind keine Freude mehr und kaum in den Schlafsäcken schlafen wir auch sehr schnell kurz nach einem schönen Sonnenuntergang, der die Berge rot aufleuchten lässt, ein. Die Nachtruhe wird von zwei vorbeifahrenden Güterzügen durchbrochen und ich wache öfter mal wegen kleiner Geräusche auf. Um 9 Uhr wachen wir dann auf und finden in Admont ein kleines, familiengeführtes Kaffee fürs Frühstück. Auch wenn wir nicht die Stiftsbibliothek besuchen, ist Admont der schönste Ort seit langem - und sollte dies auch noch eine Zeit bleiben. Nach Admont freuen wir uns über einige Kilometer perfekten Radweg, bevor dann ab dem Eingang zum Nationalpark der Radweg auf die Bundesstraße verlagert wird. Landschaftlich ist der Nationalpark wunderschön, allerdings machen vorbeifahrende Motorräder, Autos und LKWs die Strecke zu keinem Vergnügen. Chancen, mal für ein Bild stehen zu bleiben, gibt es kaum. Dazu kommt, dass die Strecke heute deutlich mehr Höhenmeter hat. 

In Hieflau, einem Bergbauort für Eisenerz, der seine besten Tage sichtlich hinter sich hat, machen wir Mittagspause. Die meisten Geschäfte stehen leer. Geöffnet hat ein Supermarkt und eine Gastwirtschaft "International". Das Essen dort ist fleischlastig, aber sehr gut. Und die Menschen sind ausgesprochen nett, denn als wir auf dem Fussgängerweg beratschlagen, was wir tun sollen, hält ein Auto mitten auf der Hauptstraße an und fragt, ob wir den Radweg suchen und sagt uns, wo der Gasthof ist. 

In Großreifling, wo der Ennsradweg die Enns verlässt und in ein Seitental abzweigt, entscheiden wir uns bewusst, weiter auf der Bundesstraße zu bleiben. Zum einen wollen wir einen großen Anstieg vermeiden, zum anderen halten wir es für wahrscheinlich, dass "dort hinten" zwischen Großreifling und St. Gallen wieder nur Forststraße auf uns wartet. Und so folgen wir zumindest weiterhin der Enns. Wenige Kilometer vor Kleinreifling, von wo wir den Zug nehmen wollen, ist meine Grenze erreicht und ich schiebe auch auf gerader Strecke immer mal wieder ein Stück. 10min vor Zugabfahrt sind wir am Bahnhof und wir stellen auf der zweistündigen Zugfahrt fest, dass man die Enns auch gut vom Zug anschauen kann. Seit Schladming hat sie enorm an Breite gewonnen und dürfte kurz vor Enns, wo sie in die Donau mündet, der Donau nicht mehr sehr viel nachstehen. 

Erschöpft und glücklich kommen wir wieder zuhause an, operieren mir noch eine Zecke vom Bauch und stecken unsere Kleidung und uns in die Wäsche. Unser Fazit: Der Ennsradweg ist wohl eher eine Radroute als ein Radweg und würden wir in diesem Zustand wohl nicht nochmal fahren, auch wenn Ausschilderung, Landschaft und Leute top sind.