29 Tage Sonnenschein…

… und im Frühling schon 32°C. Ich bin nun seit dem 6. Oktober hier in Buenos Aires und in diesem einen Monat hat es erst einmal geregnet! Grandios!

Und das Thermometer klettert immer weiter nach oben. Am Wochenende haben wir das erste mal die 30°C Marke geknackt. Das macht gute Laune.

Was lässt sich sonst so über Argentinien sagen:

  1. Ja, bis hier etwas passiert dauert es deutlich länger. Aber kreative Lösungen lassen sich nun mal nicht so schnell finden. Von Richtlinien hat hier noch niemand etwas gehört und will das auch gar nicht. Ist aber teilweise gar nicht schlecht. Hier braucht man keine 10 Formulare, um irgendetwas zu bekommen. Und bei meiner Reisekostenabrechnung schütteln alle nur den Kopf. Aber immerhin ist einem auch niemand böse, wenn man mal selbst spät dran ist bzw. man kann mit einem „Bienvenido en Argentina“ gut kontern.
  2. Verkehr ist ein Chaos. In Deutschland lernt man, dass man nach rechts und nach links schaut, bevor man über die Straße geht und dass man eine Einbahnstraße daran erkennt, dass die Autos nur in eine Richtung stehen. Nicht so in Argentinien. Hier muss man in alle 8 Himmelsrichtungen schauen in mehr auf die Ampel für Autos als die für Fussgänger schauen. Wichtig ist nicht, ob die Fussgänger grün haben, sondern ob die Autos rot haben! Dies verspricht noch den meisten Erfolg. Am heimtückischsten hat sich für mich bisher die „9 de Julio“, die breiteste Straße der Welt (so zumindest die Meinung jedes Argentiniers) erwiesen. (Hier nur ein Ausschnitt mit dem Obelisken in der Mitte:)Hier habe ich, in Glauben, über eine Einbahnstraße zu gehen (meinte ich anhand der parkenden Autos zu erkennen), nur in eine Richtung geschaut. Plötzlich hörte ich ein OJO! und jemand zog mich zurück. So schnell konnte ich gar nicht schauen, da kam von links hinten ein Auto, was mir bis heute ein Rätsel ist. Mittlerweile befolge ich die Taktik: laufen, wenn alle laufen.cimg7448
  3. Nicht das Wort „Malvinas“ erwähnen! Gemeint sind die Falklandinseln. Mit Argentiniern sollte man über dieses Thema nicht sprechen. Die Thematik ist immer noch präsent und noch lange nicht abgeschlossen. Und natürlich gesteht niemand ein, dass die Inseln nicht zu Argentinien gehören: Hier findet man auf jeder Landkarte, ob alt, ob neu: „Malvinas (arg.)“.
  4. Busfahren ist so eine Sache… Fahrpläne gibt es nicht, nur ein Heft, in dem alle Linien aufgeführt sind und wo diese überall rumfahren. Will man z.B. von Piaza Italia nach Puerto Madero fahren, gestaltet sich das so: Erst sucht man im Kartenverzeichnis Piaza Italia: Plano 8, D5. Dann P.M.: Plano 17, D4. Nun muss man nur noch vergleichen, ob eine Buslinie in beiden Quadraten (hier D5 und D4) fährt… Bingo, Linie 152. Nun gilt es nur noch die Straße auf und ab zu laufen und nach der Bushaltestelle für 152 zu suchen (diese Angabe findet sich nicht im Buch). Hat man Glück, wartet man 2 Minuten auf den Bus, hat man Pech auch mal eine halbe Stunde. Weiterhin ist es wichtig, Münzen für den Bus zu haben. Klingt einfach, ist es aber in Argentinien bei weitem nicht. Hier sind Münzen Mangelware und keiner weiss, warum die Regierung hiervon nicht mehr produziert. Man kommt eigentlich nicht drum herum, mehrmals die Woche zur Bank zu gehen, wo man nach 10min anstehen gerade mal 5 Pesos, manchmal auch 10, in Münzen bekommt (eine Busfahrt kostet 1 Peso). Sind die Münzen mal wieder aus, kann es schon mal sein, dass das Eis dann nur 10 statt 11 Pesos kostet (kleinster Schein ist 2 Pesos) oder man in der Ubahn umsonst fahren kann, weil nicht gewechselt werden kann. Im Bus klappt das aber nicht. Hier muss man Münzen haben, ansonsten Pech gehabt. Und meiner Waschmaschine im Keller ist Münzmangel auch ziemlich sch****egal. Was bleibt: Jeden Tag zur Bank rennen und ansonsten ja nicht mit Münzen bezahlen.
  5. San Martin es una mierda! Diese Lektion habe ich am ersten Tag gelernt und gleichzeitig mein erstes Wort Spanisch hier. mierda=scheisse und San Martin ist dort, wo Siemens ist. Jeder nimmt gerne die 1 Stunde Fahrtzeit zur Arbeit auf sich, um von Capital Federal (das Buenos Aires der 3 Mio. Einwohner) in die Provinz Buenos Aires (12 Mio. Einwohner) zu kommen. Hier findet sich wahrscheinlich die größte Schlaglochdichte überhaupt und Zitat eines Kollegen: „Das ist alles eine große Scheisse hier. Nicht eine kleine, sondern große Scheisse. Argentinien ist arm, aber hier ist scheisse arm“. Wer erkennt sein Lieblingswort auf deutsch? Es ist nicht zu glauben, wie häufig er das am Tag sagen kann. Aber um Missverständnissen vorzubeugen: Er ist nicht frustriert, er mags nur einfach. Wobei er mit San Martin schon recht hat.
  6. Und schon folgt der Kontrast: Dem Argentininier geht es nie schlecht. Einen Satz, den man garantiert nie mehr vergisst, weil man ihn etwa 50 Mal pro Tag sagen muss, ist „Buon dia! Cómo estás?“ oder „…Qué tal?“ (=Hallo. Wie geht’s?). Geantwortet wird mit „Bien.“ oder meistens mit „Muy bien.“. Begleitet wird das mit dem Standard-Wangen-Kuss. Erkenntnis nach 1 Monat: Dem Argentinier geht es nie schlecht!
  7. Das Bier gibt es in 1-Liter-Flaschen. Damit toppen wir Brasilien mit seinen 0,75-Liter-Flaschen!
  8. Party geht von 2AM bis 8AM (mindestens). Erlebnis vom letzten Samstag: Ich rufe um 10PM einen Kollegen an, ob er heute abend lust hat, feiern zu gehen. Er sagt: „klar. Wollen wir dann noch was abendessen gehen und dann in einen Club? Ich bin so in 45min da, muss mich noch fertigmachen.“ Ich, gerade bei meinem deutschen Kollegen zuhause, frage ihn was er davon hält und sein Blick entspricht meinem: „So spät noch abendessen??? Was machen die denn zwischen 6 und 8?“ Naja gut, sagen wir nicht. Ich sage: „Si, bien. Hasta luego.“ 3 Stunden später kommt der Kollege dann endlich. 2.25 Stunden zu spät. Normal! (Später stellte sich dann heraus, dass er allein für die Fahrt von seiner Wohnung 45min braucht. Zum Glück ist er nicht im Controlling eingesetzt!) Um 1 saßen wir dann in einer Pizzeria, um 2 waren wir im Club. War cool und zum Erstaunen einiger habe ich mir von wegen Heimgehen-wollen auch noch nie was vormachen lassen, bin geblieben bis zum Schluss, bis alle gegangen sind. Diesmal war es relativ früh, so gegen 6 ;)
  9. Und schließlich zum wichtigsten Punkt: Das Fleisch! Ja, das beste gibt es hier und davon jede Menge und sehr billig. Das Kilo argentische Rindersteak kostet hier 10 Pesos, das sind umgerechnet knapp über 2 Euro (Kurs 4,4 in etwa). Alle anderen Lebensmittel entsprechen allerdings annähernd dem deutschen Preisniveau. Was bleibt also anderes übrig, als sich von Fleisch zu ernähren??? Dies hat der Argentinier auch in der Parilla perfektioniert: Wer meint, er hätte einen großen Grill daheim, kann hier nur neidisch gucken: Der argentinische Grill misst mindestens 1,5 x 0,5 Meter. Und davon gibt es dann meist gleich 2 nebeneinander. Kohle wird sowieso fast nur in 10kg-Säcken verkauft. Gegrillt wird Asado (Rippe), Vacio (Großes Stück Beef-Steak), Chorizos (ähneln dicken, kurzen Bratwürste) und Morzillas (Miniblutwürste, die etwas wie Leberkäse schmecken). Hier seht ihr 2 „Asadores“ (Grillmeister).

Muchos besos… (und das ist damit die letzte Lektion für heute: Dieser Schluss ist hier total normal!)

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